Gnade
Eine weitere Besonderheit ist der Gebrauch
des Wortes Gnade in den Evangelien.
Die ganze Bibel ist eine Gnadenbotschaft.
Heilsgeschichte Gottes läuft auf der Basis der vorlaufenden Gnade
ab. So gab es die Gnade, bevor es den Chronos, den Zeitlauf, gab.
Das Wort Gnade kommt wie
folgt vor:
AT = 217x; NT = 130x; Evangelien = 7x;
Paulus = 87x; Andere Briefe des NT = 36x.
Matt. 0x; Mark. 0x; Luk.
3x; Joh. 4x.
Es ist bemerkenswert, dass in Matt. und
Mark. das Wort Gnade nicht vorkommt. Es zeigt, dass es hier erst einmal
um Werke geht. Dies ist auch in Luk. nicht anders. Dort kommt das Wort
Gnade 3x vor und bezieht sich 1x auf Maria und 2x auf den jungen Jesus.
Natürlich ist alles was Jesus in den Evangelien verkündigt eine
Gnadenbotschaft, trotzdem ist es ein Unterschied zu der Botschaft des Paulus.
Es kommt auf den Schwerpunkt an: Werke und Gnade oder Gnade
und Werke. Es ist ein Unterschied, ob ich in den Werken lebe und die Gnade
benötige, oder ob ich in der Gnade lebe und die Werke tuen darf, die
Gott zuvor bereitet hat.
Jesus verkündigt in den Evangelien
nicht: „nehmt die Gnade an, sondern haltet die Gesetze. Vergebt den anderen,
dann vergibt euch Gott (Vaterunser)“. Es ist das Evangelium vom Reich
(Reichslinie oder Werkelinie). Es ist ein Evangelium, das vor dem Kreuz
verkündigt wurde, ein Zustand wie zu Zeiten des alten Bundes, mit
einem Unterschied, der König war sichtbar erschienen. Er verkündigt
ihnen nun, glaubt an mich, folgt mir nach und ihr habt äonisches
Leben. Jesus sagt auch: „Wem ich vergebe, dem ist vergeben (Gnade).
Mit dem Johannesevangelium ändert
sich die Botschaft. Hier kommt das Wort Gnade in einer neuen Dimension
vor:
Ohne Gnade wäre Heilsgeschichte
Gottes keine Heilsgeschichte.
Heil durch Gnade.
Diese Formel geht auf und sie wird
allen angeboten.
Die Gnade ist erschienen zum Heil der ganzen
Welt.
Ein völliges Versühnen ist uns
bereitgestellt.
Die Gnade ist gekommen herab in unsre
Not,
hat von uns weggenommen der Sünde
Sold, den Tod.
Die Gnade hat geschenket uns Gottgerechtigkeit
und uns ins Herz gesenket den Frieden
nach dem Streit.
Die Gnade hat gegeben, was nie ein Mensch
erdacht,
lässt herrschen uns im Leben durch
ihre Übermacht.
Die Gnade will vollenden uns hin auf Christi
Tag;
dann wird die Schwachheit enden, vergehen
Not und Plag.
Die Gnade ewig währet, weil Er die
Gnade ist,
und wer die Gnad erfähret, wird heil
zu dieser Frist.
Die Gnadenströme fließen in
Fülle, tief und weit.
Die Gnade sei gepriesen in alle Ewigkeit.
Karl Geyer
Fazit:
Ich will gedenken an meinen Bund, den
ich mit dir (Israel) geschlossen habe zur Zeit deiner Jugend, und will
mit dir einen ewigen Bund aufrichten.
Hesekiel
16,60.
Zwischen den 3 Synoptikern und Johannes
können wir schon einen Unterschied feststellen. Johannes hat eine
Sonderstellung und ist der Übergang zu der Botschaft des Paulus.
Von Matthäus über Markus, Lukas
und Johannes können wir eine Steigerung der Botschaft sehen, wobei
es zuerst um sein Bundesvolk geht. Jesus war unter Gesetz zu seinem Volk
gekommen. Sein Kommen war Gnade, aber seine Botschaft zuerst nicht. Jesus
hat das Gesetz und dessen Einhaltung gepredigt: „Tut Buße und glaubt
- lasst euch Taufen - verlass alles, was du hast und folge mir nach - vergib
deinen Schuldigern, dann vergebe ich auch dir“. Er sagt ja auch: Ich bin
nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gekommen. Diese Schafe
wollte er zurück unter das Gesetz bringen, damit sie Sündenerkenntnis
bekommen und Buße tun. Das war alles vor dem Kreuz. Am Kreuz geschah
dann die große Wende. Dort starb er für alle und sicherte ein
weltweites Heil. Nach dem Kreuz war die Zeit, wo die Gnade verkündigt
wurde. Johannes beginnt damit, nicht die 3 Synoptiker. Diese Gnadenbotschaft
bekommt durch Paulus eine noch höhere Dimension. Bei Paulus geht es
nicht nur um Israel und die Völker, sondern in erster Linie um seinen
Leib. Auf dieser Erde trat zuerst Israel in Erscheinung und danach die
Körperschaft des Christus. Doch diese Körperschaft war als erste
vor dem Herabwurf des Kosmos erwählt und wird auch als erste ihre
Aufgaben wahrnehmen. Wenn der Messias zu Israel kommt, ist diese Körperschaft
als sein Leib dabei. Die Heilsgeschichte eskaliert zu einem wunderbaren
Höhepunkt. Dieser Höhepunkt macht eindeutig klar, Gott will alle.
Deshalb hat er sich Werkzeuge zum Dienst in seiner Heilsgeschichte erwählt.
Alle werden dran kommen, aber jeder in seiner Ordnung und zu der für
ihn bestimmten Zeit.
Das Ziel ist, Gott wird alles in allem sein. Können wir das begreifen und akzeptieren? Oder halten uns alte Traditionen davon ab, Gott in seiner absoluten Souveränität zu verstehen?